21. Januar 2013
Liebe Schachfreunde,
vom 18. bis 20.01.2013 tagte in Armenien das Presidential Board der FIDE. Nach der im Voraus veröffentlichten Agenda waren deutsche Vertreter nicht anwesend. Die noch offenen Änderungen in den Schachregeln wurden auf das nächste Treffen verschoben.
Nichtsdestotrotz wurden in Sachen Titel- und Ratingbestimmungen einige wichtige Änderungen verabschiedet, die ich im Folgenden kurz zusammenfassen werde. Außerdem wurde Frank Jäger und Martin Sebastian der IA-Titel verliehen.
Bei den Titelbestimmungen wurden die bisher geltenden strengen Bedenkzeitvorgaben gestrichen. Nunmehr wird nur noch verlangt, dass die Bedenkzeit im Modus ohne Zeitzuschlag mindestens zwei Stunden mit sich anschließenden 30 Minuten oder im Modus mit Zeitzuschlag von mindestens 30 Sekunden mindestens 90 Minuten für die gesamte Partie (unabhängig vom Zeitzuschlag) betragen muss.
Bisher galt ja schon, dass nicht mehr als zwei Runden an einem Tag gespielt werden durften. In Anträgen auf Verleihung des GM-Titels muss nun aber mindestens eine Norm (also nicht alle!) enthalten sein, bei der an drei Tagen nur eine Runde gespielt wurde.
Hauptschiedsrichter muss (wie bisher) bei einem Normenturnier ein IA oder ein FA sein. Dieser kann zeitlich begrenzt einen Hilfsschiedsrichter ernennen. Es muss aber immer ein IA oder FA im Spielbereich sein. Kein Schiedsrichter darf in dem Turnier mitspielen, auch nicht als „Lückenfüller“.
Bisher galt, dass mindestens ein Drittel der Gegner Inhaber des Titels sein mussten, der mit der Norm bestätigt werden sollte. Es war auch ein gewichteter Austausch mit anderen (höheren) Titelträgern möglich, bei Frauennormen sogar mit FMs. Diese gewichtete Substitution fällt nun gänzlich (einschließlich der FMs bei Frauennormen) weg. Stattdessen wird eine Reihung vorgenommen: GM, IM, WGM, WIM. Ein Titelträger kann durch einen höherwertigen Titelträger ersetzt werden, allerdings kann sich das nicht mehr bei der Anzahl auswirken. Das allgemeine Erfordernis, dass mindestens die Hälfte der Gegner Titelträger (einschließlich FM und WFM) sein muss, bleibt unangetastet. Somit ist nun z. B. eine IM-Norm aus neun Runden nicht mehr mit zwei GMs und drei FMs möglich.
Erwähnen will ich auch nochmals, dass Normen, die vor dem 01.07.2005 erworben wurden, bis zum 01.07.2013 bei der FIDE registriert werden müssen. Andernfalls verfallen sie.
Auf die neue Tabelle der sog. Direkten Titel gehe ich im Einzelnen nicht ein. Diese kann bei Bedarf hier nachgelesen werden.
Bei den Ratingbestimmungen gab es materiell keine Änderungen. Dafür sind die formellen, die am 01.07.2013 in Kraft treten, umso schwerwiegender. Dass die Wertungsuntergrenze auf ELO 1000 abgesenkt wurde, mag im Interesse des Breitenschachs noch zu begrüßen sein. Allerdings hat die FIDE nun auch die ELO-Zahlen noch als neue Einnahmequelle erschlossen. Alle Spieler, die an ELO ausgewerteten Turnieren teilnehmen wollen, müssen sich vorher (also nicht während oder nach dem Turnier) über den DSB bei der FIDE registrieren lassen und sich dadurch eine FIDE-ID beschaffen. Für die Spieler ist das zwar kostenlos. Der Veranstalter muss vor Turnierbeginn das Vorhandensein der FIDE-ID kontrollieren. Für Veranstalter, die auch Spieler ohne FIDE-ID mitspielen lassen, werden Strafen von 50 Euro pro Verstoß fällig. Auch der DSB muss für die verspätete Anmeldung nochmals eine Gebühr von 50 Euro entrichten. Spieler ohne FIDE-ID dürfen nicht an offiziellen FIDE- und Kontinentalturnieren teilnehmen. Auch können Spieler ohne FIDE-ID keine ELO-(Teil-)Zahl mehr erwerben. Wie sich das auf die Bereitschaft von Veranstaltern, ihre Turniere zur ELO-Auswertung einzureichen, auswirkt, bleibt abzuwarten. Schließlich liegt die Zahl der bei der FIDE registrierten deutschen Schachspieler nach meiner Einschätzung deutlich unter 20 Prozent. Die Bestimmungen über die Registrierung und Lizensierung von Spielern sind hier nachzulesen.
Viele Grüße,
Thomas Strobl
// Archiv: DSB-Nachrichten - Schiedsrichterkommission // ID 9528